Streuobstwiesenführung - ökologische Streuobstwiese

Streuobstwiesenführung - ökologische Streuobstwiese

Text: Rebekka Honecker und Peter Gruber

Wann ist eine Streuobstwiese ökologisch besonders wertvoll? Da spielen vielerlei Faktoren tragende Rollen. Je nach Sichtweise und Interesse. Um eine aussagekräftige Darstellung zu bekommen, hatte die Aktionsgruppe des Streuobstwiesenkompetenzzentrum Lallinger Winkel (SOKompZ) zu einer Führung eingeladen. Eine Streuobstwiese ist ökologisch wertvoll, wenn sie ein vielfältiges Lebensraumangebot für Tiere und Pflanzen bereithält. Diese ökologische Wertigkeit steigt mit zunehmendem Alter. Dieses Lebenspotential für Pflanzen, Tiere und Insekten ergibt sich insbesondere durch die Kombination von Gehölzen und der Wiese unter den Bäumen. Um der Frage nachzugehen, wann eine Streuobstwiese ökologisch besonders wertvoll ist, organisierte die Aktionsgruppe des SOKompZ Lallinger Winkel eine Streuobstwiesenführung mit Prof. Dr. Markus Reinke und Rebekka Honecker von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf.  Zahlreiche interessierte Bürger*innen aus der Region entdeckten die vielfältige Streuobstwiese der Familie Gruber in Lalling und erfuhren welche Faktoren zur ökologischen Wertigkeit der Streuobstwiese beitragen. Anhand einer für Streuobstbestände charakteristischen Vogelart erklärte Rebekka Honecker, welche Strukturen auf der Streuobstwiese notwendig sind, damit diese Vogelart vorkommt. Eine geeignete Nistmöglichkeit und ein ausreichendes Nahrungsangebot sind dabei die wesentlichen Faktoren für das Vorkommen von Tierarten auf der Streuobstwiese. Wie das Nistplatz- und das Nahrungsangebot von der Bewirtschaftung abhängen, konnte anschaulich auf der Streuobstwiese erklärt werden. Damit sich für Vögel geeignete Höhlen bilden, ist sind ein gewisses Baumalter und Stammumfang notwendig. Dies wird in der Regel nur von Obstbäumen auf stark wachsender Unterlage erreicht. Damit Obstbäume das notwendige Alter und eine ausreichende Größe für die Höhlenbildung erreichen, ist ein Baumschnitt unerlässlich. Ohne Baumpflege würden die Obstbäume vorzeitig vergreisen. Neben dem Höhlenbau durch Spechte entsteht die Mehrzahl der Baumhöhlen durch Astabbrüche und Fäulnisvorgänge. Der Apfelbaum ist die Obstbaumart, welche am meisten zur Höhlenbildung neigt, aber auch Birn- und Kirschbäume bilden Höhlen aus. Kirschbäume mit Höhlen sind jedoch ungünstig als Brutplätze, da die Erntezeit der Kirsche genau während der Brutzeit vieler Vogelarten stattfindet. Neben bestimmten Vogelarten, Kleinsäuger und Insekten sind die Baumhöhlen auch wichtiger Lebensraum für Fledermäuse, welche im Lallinger Winkel gehäuft vorkommen. Damit ein Obstbaum eine geeignete Bruthöhle ausbildet, vergehen viele, viele Jahre (zum Teil 80 Jahre). Deshalb ist es dringen notwendig und immens wichtig, Altbäume sowie abgestorbene Bäume im Bestand zu belassen, aber auch neue zu pflanzen. Ob die Tierarten auch ein ausreichendes Nahrungsangebot auf der Streuobstwiese vorfinden, hängt im Wesentlichen von der Struktur des Pflanzenbewuchses ab. Je nachdem wie hoch und dicht der Pflanzenbewuchs ist, variiert die Feuchte, die Temperatur und die Lichteinstrahlung an der Bodenoberfläche, was letztendlich für das Vorkommen von Insekten relevant ist. Auch wenn ausreichend Insekten vorkommen, heißt das noch lange nicht, dass z.B. der Steinkauz diese findet. Der Steinkauz, ein am Boden jagender Vogel, benötigt für seine Insektenjagd einen niedrigen, nicht zu dichten Bewuchs. Je weniger gedüngt wird, desto langsamer wachsen die Gräser und umso lückiger ist der Bewuchs, immer aber auch vom jeweiligen Standort abhängig. Eine Mahd, bei welcher nicht die komplette Fläche auf einmal gemäht wird, sondern Teilflächen stehen gelassen und später gemäht werden, sind ideal, damit am Boden jagende Vogelarten im gemähten Bereich auf Nahrungssuche gehen können und im ungemähten Bereich sich die Insekten ungestört entwickeln können. Auch eine extensive Beweidung ist ideal, allerdings muss hier darauf geachtet werden, dass es sich nicht um eine Standweide handelt. Wann, wie, mit welchem Gerät und wie oft wir die Wiese unter den Bäumen mähen, ob wir sie düngen oder nicht, hat also Auswirkung auf das Vorkommen von Insekten und damit auf das Vorkommen von Vogelarten. Neben der Bewirtschaftung spielen aber auch die Größe der Streuobstwiese, die Ausstattung der Umgebung sowie standörtliche Gegebenheiten wie Topografie, Bodenart etc. eine wichtige Rolle für das Vorkommen von Tier- und Pflanzenarten auf der Streuobstwiese. Passen wir die Bewirtschaftung an die Tier- und Pflanzenarten an und stellen zusätzlich wichtige Kleinstrukturen, wie beispielsweise Totholzhaufen und Hecken zur Verfügung, bieten wir einer Vielzahl von Tieren und Pflanzen einen Lebensraum. Gleichzeitig trägt dies zu gesunden Baumbeständen bei, was einen nachhaltigen Obstertrag sicherstellt. Denn die Strukturvielfalt bietet einer Vielzahl von Nützlingen einen wichtigen Lebensraum und ist somit ein wichtiges Reservoir für die biologische Schädlingsbekämpfung. Dass es im Lallinger Winkel einige ökologisch wertvolle Streuobstbestände gibt, hat auch die Bestandserfassung im Rahmen der Bachelorarbeit einer Studentin von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf ergeben. Allerdings gibt es auch noch ausreichend Streuobstbestände, welche ökologisch aufgewertet werden könnten. UP