Sortenreich, selten besonders schmackhaft

Sortenreich, selten besonders schmackhaft

Text: Andrea Weidemann – Donauanzeiger und Deggendorf aktuell

Der Lallinger Winkel ist von jeher die “Obstschüssel des Bayerischen Waldes” – und hat seit 2020 ein eigenes Streuobstwiesenkompetenzzentrum

Die “Obstschüssel des Bayerischen Waldes” wird der Lallinger Winkel auch genannt. Denn durch seine besondere topographische Lage und sein mildes Klima ist er ein ideales Obstanbaugebiet.

Was man an Äpfeln, Birnen und anderen feinen Früchtchen hatte, wusste man übrigens schon anno dazumal. Streuobstwiesen prägen seit vielen Jahrhunderten die bäuerliche Kulturlandschaft im Lallinger Winkel. Und dass Lalling in den Jahren 1861 bis 1904 Sitz einer Distriktobstbaumschule war, ist sogar historisch belegt.

Bis heute herrschen hier statt großer Bauernhöfe mit landwirtschaftlichen Mastbetrieben kleine Landwirtschaften und Obstbauernhöfe vor und man kann direkt vom Hof ausgereiftes und ungespritztes Obst kaufen. Im Oktober finden traditionell die Apfelmärkte in Lalling und Hunding statt, wo das Obst in Direktvermarktung angeboten wird.

Streuobstanbau bedeutet eine Vielzahl an meist alten, seltenen und vor allem schmackhaften Sorten, die resistent gegen Krankheiten sind. Angebaut werden überwiegend äpfel und Birnen, es finden sich aber auch Zwetschgen, Kirschen und (Wal-)Nussbäume. Sie wachsen überall “verstreut” – in Gärten, auf Feldern, Wiesen oder Ortsrändern. Ihre Sortenvielfalt dient nicht nur als Kulturgut, Genreservoir, dem Naturschutz und der Geschmacksvielfalt. Auch ihr praktischer Nutzen als Lieferant für Frischobst und zur Erzeugung von Saft, Most und für viele andere regionaltypische Produkte kommt der Region zugute.

Durch die extensive Bewirtschaftungsform und die Strukturvielfalt bieten die Streuobstwiesen zudem ökologisch wertvolle Lebensräume für viele Tier- und Pflanzenarten.

Die Chancen, die diese einzigartige Kulturlandschaft für die Bevölkerung vor Ort, für Touristen, Wirtschaftsakteure sowie Landkreis und Kommunen bietet, wurden in der Vergangenheit allerdings kaum genutzt. Vor gut zwei Jahren wurde deshalb mit dem Aufbau eines Streuobstwiesen-Kompetenzzentrums im Lallinger Winkel begonnen. Dabei handelt es sich um ein Kooperationsprojekt zwischen den Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Lalling, Hunding, Schaufling, Grattersdorf, der IG bio-zertifiziertes Streuobst Lallinger Winkel GbR, der ARGE -Lallinger Streuobst sowie der Hundinger Goldbergbauern und der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, die die regionalen Akteure berät und unterstützt. Ziel ist es, dem Erhalt der Streuobstlandschaft auch auf politischer Ebene größeres Gewicht zu geben. Darüber hinaus soll der fachliche Austausch zwischen Streuobstexperten ermöglicht werden, sollen Fortbildungen und Freizeitangebote entwickelt, regionale Wertschöfpungsketten aufgebaut, Beratungsangebote für Streuobstwiesen-Bewirtschafter bereitgestellt und gemeinsam mit Kooperationspartnern Forschungsprojekte und Veranstaltungen zur Bewusstseinsbildung durchgeführt werden.

Zwei Jahre nach dem Startschuss im September 2020 hat das Kompetenzzentrum bereits etliche Projekte auf den Weg gebracht. In einem “Obst-ab-Hof-Einkaufsführer” wurde zum Beispiel das Angebot regionaler Streuobstprodukte im Lallinger Winkel gebündelt dargestellt. Mit dieser Übersicht der Direktvermarkter im Lallinger Winkel sollen die regional erzeugten Streuobstprodukte bekannter und für den Verbraucher besser auffindbar gemacht werden.

“Derzeit bilden wir im Rahmen eines LEADER-Projektes 15 Teilnehmer zum Streuobstwiesenberater aus. Das vorserst letzte Modul dieser Ausbildung findet am 06./07. Oktober statt”, berichtet Christina Fuchs, Leiterin der Tourist-Info Lallinger Winkel. Die ehrenamtlichen Streuobstwiesenberater sollen anschließend in den Gemeinden des Lallinger Winkels und im gesamten Landkreis Deggendorf bei Fragen rund ums Thema Streuobst beratend zur Seite stehen.

Damit der Lebensraum Streuobstwiese auch für Kinder mit allen Sinnen erlebbar gemacht werden kann, gbt es zudem die Umwelt-Fortbildungsreihe “Apfelbäckchen und Krabbelbein” für pädagogisches Fachpersonal und Ehrenamtliche. Diese mehrtägige Fortbildung findet derzeit statt, letzter Ausbildungstag ist der 12 Oktober.

Davon abgesehen beinhaltet das Programm eine Vielzahl von Veranstaltungen für verschiedene Zielgruppen, angefangen von Fachvorträgen über Baumpflanzaktionen über Wiesenführungen zu bestimmten Themen sowie Genusswanderungen bis hin zu Schnitt- und Veredelungskursen.

Kultur und Kulinarik treffen sich dann bei den beiden traditionellen Obstmärkten mit Erntedankfest im Lallinger Winkel – am 2. Oktober (10 bis 18 Uhr) in Hunding und am Kirchweih-Sonntag, 16. Oktober (9 bis 17 Uhr) beim Obst- und Bauernmarkt in Lalling. Beide Feste werden von der amtierenden Deutschen Mostkönigin Lisa eröffnet.

Neben den regionalen Erzeugnissen der Streuobstbauern werden auch viele andere handwerklich hergestellte Produkte angeboten. Kulinarische Köstlichkeiten, von Most und Säften über frisch ausgebackene Krapfen und Auszog´ne bis hin zu Bauernbrot, Marmeladen und Aufstrichen lassen das Genießerherz höher schlagen.

Auskünfte dazu gibts bei der Tourist-Info Lallinger Winkel